Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Abstract Klinkicht

ZusammenfassungEmotionen wirken sich stark auf den Lernprozess aus und ermöglichen gegenüber reinem Faktenwissen eine bessere Erinnerungsleistung (Holstermann, 2009). Dabei beeinflussen ablehnende Emotionen die Person-Gegenstands-Auseinandersetzung negativ (Dräger & Vogt, 2007). Mithilfe der ausgewerteten Fragebögen konnte gezeigt werden, dass eine Integration von Schulversuchen mit lebenden Wirbellosen zu einem Aufbau erwünschter Einstellungen beziehungsweise zu einem gleichbleibenden Zustand führt.Bei den ausgewerteten Skalenwerten ist gegenüber Insekten ein größeres Ekelempfinden bei Mädchen als bei Jungen erkennbar. Ebenso argumentieren Randler et al. (2012) sowie Koser (2011). Allerdings gelangt die Studie von Tepekuyu & Topsakal (2015) zu keinem Unterschied bei den Geschlechtern. Diese widersprüchlichen Ergebnisse konnten auch in der hier vorliegenden Arbeit nachgewiesen werden, da bei Nachfragen bezüglich des Ekelempfindens bei spezifischen Insekten die Mädchen nicht zwangsweise mehr Ekel als Jungen empfanden. Somit kann die Hypothese „Mädchen weisen eine höhere Ekelempfindlichkeit gegenüber Insekten auf als Jungen.“ nur ansatzweise bestätigt werden.Darüber hinaus ist eine positive Korrelation zwischen der Naturverbundenheit der SchülerInnen und ihrem Ekelempfinden gegenüber Wirbellosen feststellbar. Das zeigt die Wichtigkeit von häufigen Exkursionen, der Integration von Schulzoos oder Schulgärten im pädagogischen Umfeld der TeilnehmerInnen.Ein weiterer Aspekt des Projekttages ist die Herausbildung von positiveren Einstellungen gegenüber Insekten und anderen Wirbellosen, die den ersten Teilabschnitt des Siebenschrittmodells von Berck und Klee widerspiegeln. Ob bereits durch den Projekttag ein längerfristiges Interesse ausgebildet werden konnte, wurde nicht überprüft. Fakt ist jedoch, dass die SchülerInnen, zumindest kurzfristig, nicht mehr ganze Tiere oder Gruppen unselektiv als eklig empfanden, sondern bezüglich der ekelauslösenden Faktoren differenzierten, wie von McGinn (2011) angemerkt.Schlussendlich fand eine Verdeutlichung des Potenzials von Schulversuchen für den längerfristigen Ekelabbau statt, indem bei der Betrachtung der Gesamtheit der SchülerInnen sich alle Skalenwerte, mit Ausnahme der Skala ‚Ekel durch Vorstellungen und Wissen über die situationsspezifische Vorgeschichte‘ zum Positiven entwickelt haben.Konsequenterweise kann der erste Teil der Forschungsfrage „Können vorhandene Ekelgefühle vor Insekten bei Schülerinnen und Schülern durch den Einsatz lebendiger Tiere in Form von Schulversuchen abgebaut und durch Faszination ersetzt werden?“ bestätigt werden. Ob sich vorhandene Ekelgefühle in Faszination umwandeln, lässt sich aus den hier vorliegenden Ergebnissen nicht eindeutig ableiten.Auffällig ist, dass die Differenz zwischen Wahrnehmung und biologischer Bedeutung Wirbelloser verringert ist. Das zeigt sich nicht nur in einer gesteigerten Anerkennung der Nützlichkeit, einem leichten Abbau der Ekelreaktionen, sondern auch in veränderten Verhaltensweisen diesen Tieren gegenüber.Einschränkend muss erwähnt werden, dass in den Ergebnissen nur leichte Abweichungen erkennbar sind. Diese lassen jedoch bereits eine klare Tendenz zu. Innerhalb von vier Unterrichtsstunden sind weitreichende Verhaltensänderungen nicht realistisch. Aus diesem Grund fordern Autoren, wie Neuböck-Hubinger et al. (2016), eine längerfristige und kontinuierliche Auseinandersetzung mit diesen Tieren. Dennoch verdeutlicht dieser Projekttag das Potenzial von Schulversuchen.Erwähnenswert ist das der Projektleiterin aufgefallene hohe Ekelempfinden von einigen SchülerInnen mit Migrationshintergrund im Laufe der Stationsarbeit. An dieser Stelle könnten weitere Untersuchungen anknüpfen. Dabei gilt es zu ermitteln, ob es einen Unterschied bezüglich des Ekelempfindens zwischen migrierten und in Deutschland aufgewachsenen Jugendlichen vor hier heimischen Tieren gibt. Ergänzend ist ein Aufzeigen von potenziellen Ursachen interessant. Weisen geflüchtete Mädchen und Jungen kulturell bedingt ein höheres Ekelempfinden auf oder sind diese Reaktionen durch eine ihnen unbekannte Tierwelt provoziert?Die zuvor beschriebenen Veränderungen sind ein Indiz für die Forderung von Löwenberg (2000), dass der Biologieunterricht nicht primär den Ekel reduzieren, sondern eine anfängliche Begegnungshürde absenken soll (Löwenberg, 2000).Folglich kann es gelingen, die Verhaltensmuster und Einstellungen einer Person mittels Schulversuchen zum Positiven zu wenden und als Konsequenz ein umweltgerechtes Denken und Handeln auszubilden (Kultusministerkonferenz, 2004).

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