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Abstract Radke

Radke, S. 2012: Lehrplanvergleich Sachsen-Anhalt / Thüringen.

Einleitung:

Schülerleistungen, zum Beispiel TIMMS und PISA, haben in den letzten Jahren einen umfassenden Wandel in der Bildungspolitik Deutschlands eingeleitet. Während man sich bisher ausschließlich auf den „Input“, das heißt auf die lernzielorientierten Lehrpläne und die Lernprozesse konzentrierte, sollte sich die Bildungspolitik und Schulentwicklung zukünftig am „Output“ orientieren, also an den Wirkungen und Ergebnissen des Lernens und Lehrens. Infolge dieses Paradigmenwechsels beschloss die KMK 2002 nationale Bildungsstandards für die einzelnen Unterrichtsfächer zu entwickeln und somit die Qualität schulischer Bildung zu sichern. Dies führte auch zu grundlegenden Neuerungen für den Biologieunterricht. So wurden 2004 nationale Bildungsstandards für das Fach Biologie formuliert, in denen Kompetenzbereiche vorgegeben sind, die bei den Schülerinnen und Schülern angestrebt werden sollen. Die Einführung dieser Standards wirkt sich auch auf die Form der Lehrpläne aus. Obwohl die Bildungsstandards die Lehrpläne keineswegs überflüssig machen, ist eine Koexistenz der bestehenden detaillierten curricularen Vorgaben der Länderebene und der nationalen Bildungsstandards nicht sinnvoll. Aus diesem Grund wird in einigen Bundesländern aktuell eine Lehrplanreform durchgeführt. Die neuen Lehrpläne werden dabei auf der Grundlage der Bildungsstandards verabschiedet und enthalten neben den Bildungsstandards für ein bestimmtes (Doppel)-Schuljahr ein Kerncurriculum, welches die für den Unterricht verbindlichen Inhalte umfasst (KMK 2005; Hansmann 2006; Klieme et al. 2007; Staeck 2010).

Die Erprobungsfassung des Thüringer Lehrplans im MNT für das Gymnasium von 2009 beachtet bereits die nationalen Bildungsstandards für die naturwissenschaftlichen Fächer. Das neue Fach MNT, welches ab dem Schuljahr 2009/2010 in den Klassenstufen 5 und 6 schrittweise ablösend für das Fach Biologie unterrichtet wird, hat einen integrierten naturwissenschaftlichen Unterricht zum Ziel. Es soll zu einer nachhaltigen Naturwissenschaftlichen Grundbildung, ganz im Sinne des OECD/PISA-Projektes, beitragen und das Interesse an Naturwissenschaften stärker fördern. In Sachsen-Anhalt hingegen sind für das Fach Biologie der Klassenstufen 5 und 6 des Gymnasiums noch die Rahmenrichtlinien von 2003 bindend. Diese wurden noch nicht auf der Grundlage der Bildungsstandards umgestaltet.

Im Rahmen dieser Arbeit sollen „neue“ und „alte“ Lehrpläne bzw. Richtlinien am Beispiel des naturwissenschaftlichen Unterrichts der Klassenstufen 5 und 6 des Gymnasiums in Thüringen und Sachsen-Anhalt vergleichend gegenübergestellt werden. Durch einen Lehrplanvergleich wird analysiert inwieweit sich die Lehrpläne bezüglich Ziel-, Methoden- und Inhaltsvorgaben unterscheiden. Dabei soll auch der Frage nachgegangen werden, ob die neuen Lehrpläne den Gestaltungsspielraum des Lehrers erhöhen. Mittels einer Befragung von Siebtklässlern wird zudem überprüft, ob sich, aufgrund der neuen amtlichen Vorgaben zur Gestaltung des Unterrichts, Thüringer Schüler/innen mehr für naturwissenschaftliche Fragestellungen interessieren als Schüler und Schülerinnen in Sachsen-Anhalt.  Die Ergebnisse des Lehrplanvergleichs und der Schülerbefragung werden mit einem Experten des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien diskutiert. Dabei sollen unter anderem auch die Gründe der Fächeränderung, sowie Erfahrungen mit der Umsetzung des neuen Faches besprochen werden.

Das Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit liegt also darin, zu klären, ob der integrierte Unterricht in Thüringen geeigneter ist als der naturwissenschaftliche Fachunterricht in Sachsen-Anhalt. Daher sollen mit Hilfe des Lehrplanvergleichs, der Schülerbefragung und des Experteninterviews folgende Hypothesen überprüft werden.

1.  Der Lehrplan für das Fach MNT an Gymnasien in Thüringen ermöglicht einen
höheren Gestaltungsspielraum für den Lehrer als der Lehrplan für das Fach Biologie  der Klassenstufe 5 und 6 in Sachsen-Anhalt.

2.  Der Lehrplan für das Fach MNT an Gymnasien in Thüringen ist stärker auf eine         naturwissenschaftliche Grundbildung ausgerichtet als der Lehrplan für das Fach   Biologie der Klassenstufe 5 und 6 in Sachsen-Anhalt.

3.  Der Lehrplan für das Fach MNT an Gymnasien in Thüringen fördert stärker das         Interesse an Naturwissenschaften als der Lehrplan für das Fach Biologie der    Klassenstufe 5 und 6 in Sachsen-Anhalt.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich nachfolgend in fünf Kapitel. Im zweiten Kapitel wird zunächst auf die theoretischen Grundlagen eingegangen, die zu einem besseren Verständnis der vorliegenden Arbeit beitragen sollen. Der Begriff Lehrplan wird definiert und anschließend auf die Funktionen des Lehrplans sowie die Entwicklung neuer Lehrpläne eingegangen. Folgend wird der bereits erwähnte Paradigmenwechsel vom Input zum Output genauer beschrieben. Was man unter Nationalen Bildungsstandards versteht, welche Funktion sie haben, wie sie sich auf die Lehrplanentwicklung auswirken und wie sie allgemein aufgebaut sind soll danach genauer betrachte werden. In den Bildungsstandards für das Fach Biologie wird die Wichtigkeit einer Naturwissenschaftlichen Grundbildung hervorgehoben. Was man darunter versteht und welche Kompetenzbereiche und Basiskonzepte die Biologie-Bildungsstandrads beinhalten, wird nachfolgend geklärt. Im letzten Abschnitt der theoretischen Grundlagen werden zudem die Ziele eines integrierten naturwissenschaftlichen Unterrichts kurz dargestellt.

Im Methodenkapitel (Kapitel drei) erfolgt zunächst eine Vorstellung der Kriterien für den Lehrplanvergleich. Bezüglich der Befragung der Siebtklässler zum Interesse an Naturwissenschaften wird die Stichprobe, das Untersuchungsinstrument und die Durchführung der Befragung genauer erläutert. Zudem werden die Absichten und Fragestellungen des Experteninterviews beschrieben.

Die Ergebnisse des Lehrplanvergleichs, der Schülerbefragung und des Experteninterviews werden im Kapitel vier dargestellt und anschließend im fünften Kapitel diskutiert. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung im sechsten Kapitel. Dabei werden die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit zusammengetragen und ein Ausblick auf eventuell anstehende Schritte gegeben.

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