Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Examensarbeit Hursie

Hursie, L. 2018: Langzeituntersuchung von Teilnehmern an Science Camps hinsichtlich der MINT-Orientierung.

Einleitung:

"Wir dürfen die Frage, wie es sich mit den MINT-Fächern und den MINT-Berufen entwickelt, nicht dem Zufall überlassen, sondern müssen früh anfangen, um junge Menschen zu begeistern" (Merkel, 2016). So äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihrerseits die Schirmherrin der Initiative „Zukunft schaffen“, am 02. Juni 2016 auf dem 4. Nationalen MINT-Gipfel. Frau Dr. Merkel, die 1986 im Fachbereich der Theoretischen Chemie des Zentralinstituts für physikalische Chemie Ost-Berlin den Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) erwarb, setzt sich immer wieder für die MINT-Fächer und MINT-Berufe ein. Die Liste der Defizite und Missstände im Bereich der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist lang (Hetze, 2011). Der zunehmende wissenschaftliche und technische Fortschritt unserer Gesellschaft und die ernüchternden Ergebnisse der internationalen Schulleistungsstudien TIMSS (Third International Mathematics and Science Study) und Pisa 2000/2003 (Program for International Student Assessment), die ein sinkendes Interesse deutscher Schülerinnen und Schüler feststellen ließen, verhalten sich umgekehrt proportional (Meinl, 2012). Während der Bedarf an wissenschaftlichen Fachkräften permanent steigt, belegen deutsche SchülerInnen bei der naturwissenschaftlichen Grundbildung im Ländervergleich nur untere Ränge (Pawek, 2009). Zudem ist das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im MINT-Bereich noch sehr unausgeglichen. Das beginnt bereits bei dem Nachwuchswettbewerb „Jugend forscht“ an, bei dem in den vergangenen fünf Jahrzehnten im Schnitt nur 38% der 250.000 TeilnehmerInnen Mädchen waren. In diesem Zusammenhang wirbt die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel jedes Jahr am „Girls Day“ im Kanzleramt dafür, dass sich Mädchen stärker für naturwissenschaftliche und technische Berufe interessieren. „Immerhin haben in diesem Jahr rund 100.000 Mädchen die Chance genutzt, einen naturwissenschaftlichen oder technischen Beruf kennenzulernen“, so Frau Dr. Merkel bei ihrer Begrüßungsrede im Jahr 2016. Die Tendenz der Frauenquote in Studiengängen wie Maschinenbau, Verfahrenstechnik oder Informatik geht tendenziell nach oben, es könnten aber noch deutlich mehr werden (Mohr 2016). MINT, das als Initialwort für diese Fachbereiche steht, soll Abhilfe schaffen. Zahlreiche Initiativen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik haben sich den neuen Ansatz auf die Fahnen geschrieben (Georges, 2012). Der Verein MINT-EC (Verein mathematisch-naturwissenschaftlicher Excellence-Center an Schulen) vergibt an Schulen den MINT-Status (MINT-EC e.V. 2010, In: Georges, 2012), der Klett-Verlag will mit der „Entwicklung und dem Vertrieb von praxisnahen Lehrmitteln und der Organisation von Veranstaltungen (…) als Brücke zwischen Schule und Wirtschaft“ (Klett MINT GmbH, 2011, In: Georges, 2012 S. 3) fungieren und die Initiative „MINT-Zukunft schaffen“ der Bundesregierung vergibt „erstmals ein bundesweit einheitliches MINT-Signet für alle Schulen (…)“ (Kunwald, 2010, In: Georges, 2012). Neben diesen Initiativen gibt es auch zahlreiche lokale Projekte, MINT zu realisieren. Exemplarisch sei an dieser Stelle das „MINT Forum Mitteldeutschland“ als Initiative der Didaktik der Biologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu nennen. Unter der Zielstellung, ein MINT-Netzwerk zwischen Schulen, Unternehmen, Universitäten und Bildungseinrichtungen zu generieren, soll die Kooperation, Kommunikation und Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche ermöglicht und verbessert werden. Neben der Weiterentwicklung des MINT-Netzwerkes stehen auch die Vorstellung und Realisierung innovativer Ideen aus dem Bereich MINT sowie die Aus- und Weiterbildung von MINT-Lehrkräften im Fokus. In dieses Netzwerk lässt sich auch der Untersuchungsschwerpunkt dieser Studie, das „ScienceCamp“, integrieren. Es handelt sich dabei um ein MINT-orientiertes Sommerlager, in dem sich Schülerinnen und Schüler intensiv mit Naturwissenschaften auseinandersetzen können. Aufgabe des ScienceCamp ist es, SchülerInnen wieder für Naturwissenschaft und Technik zu interessieren bzw. zu sensibilisieren und ihnen durch den intensiven Kontakt mit Unternehmen und Universitäten das potentielle Berufsfeld als Wissenschaftler näher zu bringen. Es nimmt als außerschulischer Lernort eine Rolle als Bindeglied zwischen der Schule, in der die Naturwissenschaften eher theoretisch geprägt sind und der Praxis, wo in Unternehmen und Forschungseinrichtungen Naturwissenschaft praktisch angewendet wird, ein. (Lindner, 2013)

Im Rahmen dieser Studie soll die langfristige Effektivität und Relevanz des ScienceCamps untersucht werden. Welchen Einfluss nimmt es auf die Interessen der TeilnehmerInnen, kann es SchülerInnen wieder für MINT-Themen interessieren bzw. motivieren und beeinflusst es die ehemaligen TeilnehmerInnen, sich in ihrer Zukunftsgestaltung in Richtung der MINT-Berufe zu orientieren?

Um diese Fragen zu beantworten, werden die Besonderheiten des Lernortes ScienceCamp aufgezeigt, nachdem zuvor ausführlich das Konstrukt Interesse und der Prozess der Interessengenese erklärt wird. Das ScienceCamp ist durch seine Verbindung von Theorie und Praxis unter einem Alltagsbezug gekennzeichnet. Die SchülerInnen werden aktiv in den Lernprozess eingebunden und steuern den erlebnis- und erkenntnisorientierten Lernweg selbst. Neben der langfristigen Auswirkung auf die naturwissenschaftlichen Interessen der ehemaligen TeilnehmerInnen steht vor allem der potentielle Einfluss auf die individuelle Zukunftsgestaltung im Mittelpunkt. Die Fragestellungen und Hypothesen werden aus den theoretischen Überlegungen abgeleitet. Im Methodik-Teil werden die Forschungsmethode, die Erhebungsinstrumente, die Stichprobe sowie die Durchführung und Analyse der Studie untersucht. Zudem findet hier auch eine Beurteilung des Projekts hinsichtlich der Gütekriterien wissenschaftlicher Studien statt. Es folgt die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse. Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und die Effektivität und Relevanz der ScienceCamps bewertet. Anhand der Ergebnisse können die bisherigen Camps evaluiert und zukünftig stattfindende ähnliche Veranstaltungen neu orientiert werden.


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