Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Weiteres

Login für Redakteure

Examensarbeit Jacobi

Jacobi, J. 2015: Interventionsstudie zur Akzeptanz von Pflegeberufen - Entwicklung eines Lehrkonzeptes im Biologieunterricht der Sekundarstufe I

Zusammenfassung:

Die demographische Entwicklung in Deutschland mit einem zunehmenden Anteil von älteren Menschen, die mit steigendem Alter häufig auf pflegerische Unterstützung angewiesen sind, stellt für die Gesellschaft Deutschlands in den kommenden Jahrzehn-ten eine große Herausforderung dar.Berechnungen zufolge wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 auf 3,4 Millionen erhöhen.Die Pflege dieser alten und/oder kranken Menschen kann in den kommenden Jahren nur sichergestellt werden, wenn die Pflegeberufe eine entsprechende Akzeptanz in der Gesellschaft genießen und ausreichend Pflegekräfte ausgebildet werden können. Doch viele Experten gehen aufgrund des demographischen Wandels, unattraktiver Arbeitsbe-dingen und des vorherrschenden negativen Images des Pflegeberufes von einem dro-henden Fachkräftemangel in den nächsten Jahren aus.Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Akzeptanz von Gesundheits- und Pflegeberufen bei Schülerinnen und Schülern zweier 9. Klassen zu erfassen und zu eruieren, inwiefern ein in diesem Zusammenhang entwickeltes Lehrkonzeptes für den Biologieunterricht die Sichtweise und das Image des Berufes beeinflussen könnte, auch im Hinblick auf den Einbezug des Berufes bei der anstehenden Berufswahl.Um die Perspektiven einer beruflichen Entwicklung im Pflegebereich besser zu vermit-teln und ein realistisches Bild der Tätigkeit zu zeigen, wurde dazu ein Projekttag entwi-ckelt, bei dem Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse, die den Mittleren Schulabschluss anstreben, das Krankenhaus Martha-Maria in Halle/Dölau besuchten.Der Projekttags begann mit einer kurzen Vorstellung des Krankenhauses. Anschießend durchliefen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen von 5 Personen vier Stationen, bei denen ihnen typische Krankenhaussituationen und Aufgabenfelder der Gesundheits- und Krankenpflege vermittelt wurden.Am Nachmittag erfolgte ein Patientenplenum, bei dem die Schülerinnen und Schüler die Bedeutung der Pflege aus Patientensicht erfahren konnten. Den Schluss bildete ein Expertengespräch mit einem seit langem in der Pflege tätigen Mitarbeiter. Hier wurden Themen wie Ablauf der Ausbildung, berufliche Entwicklung und Arbeitsanforderungen angesprochen.5 Zusammenfassung52Die Schülerinnen und Schüler erhielten jeweils vor und nach dem Projekttag Fragebö-gen, in denen sie zu ihren Vorstellungen über den Pflegeberuf und ihre berufliche Planung befragt wurden.Dabei zeigte sich folgendes Bild:Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler war sich trotz des beginnenden Bewerbungs-zeitraumes noch unsicher hinsichtlich der Berufswahl. Ein Gesundheits- und Pflegebe-ruf erschien dabei nicht attraktiv. Lediglich 2,9% der Teilnehmer und Teilnehmerinnen konnten sich vor dem Projekttag vorstellen, einen Pflegeberuf zu ergreifen.Mit dem Pflegeberuf verbanden sich häufig Vorstellungen wie hohe körperliche und psychische Belastung, unregelmäßige Arbeitszeiten (mit Schicht- und Wochenenddiens-ten) sowie eine anspruchsvolle Arbeit mit großer Verantwortung.Bei der Postbefragung nach dem Projekttag stellte sich ein positiveres Bild dar. Es zeigten signifikant mehr Schülerinnen und Schüler (20,6%) Interesse an einem Gesund-heits- und Pflegeberuf als vor der Absolvierung des Projekttages. 67,6% der Befragten konnten sich auch nach dem Projekttag nicht vorstellen, einen Pflegeberuf zu ergreifen. Dabei neigten die weiblichen Projektteilnehmer in höherem Maße dazu, einen Pflegebe-ruf für sich in Betracht zu ziehen.Auch die Akzeptanz der Pflegeberufe erhöhte sich durch den Projekttag, wohl auch, weil der Praxistag die in der Literatur angesprochene vorherrschende Informationslücke bezüglich des Berufsbildes schließen konnte. Innerhalb einer kurzen Zeit gelangten die Schülerinnen und Schüler zu wichtigen Berufsinformationen und schätzten im An-schluss die Verwirklichung der für sie bei der Berufswahl wichtigen Faktoren in einem Gesundheits- und Pflegeberuf deutlich besser ein.Durch die Interaktionen von Schülern, Eltern und Lehrern ist zu erwarten, dass ein Projekttag auch zu einer besseren Akzeptanz in der Gesellschaft führt.Bei den erhobenen Daten handelt es sich um kurzfristige Effekte. Langfristige Aussagen bezüglich der Akzeptanz und der Einbeziehung in die Berufswahl bedürfen einer weiteren Untersuchung, beispielsweise mittels einer Follow-up-Studie.Ein Projekttag für Schülerinnen und Schüler in der Berufsfindungsphase in einem Krankenhaus oder einer ähnlichen Pflegeeinrichtung ist eine gute Möglichkeit, um berufsorientierende Einblicke in den Gesundheits- und Pflegeberuf zu erhalten und geeignete Nachwuchskräfte zu motivieren, einen Pflegeberuf zu ergreifen.

Zum Seitenanfang