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Examensarbeit Jentschke

Jentschke, J.-N. 2020: Eine exemplarische Untersuchung von Gelingensbedingungen zur Implementierungdigitaler Medien in Unterricht und Schule.

Einleitung:

Der ganzen Welt wird das Jahr 2020 langfristig in Erinnerung bleiben. Am Ende des Jahres 2019 wurden in der chinesischen Stadt Wuhan die ersten Personen, die an einer Art von Lungenentzündung litten, positiv auf das neuartige „COVID-19-Virus“ getestet (WHO, 2020). Innerhalb eines viertel Jahresbreitete sich dieses Virus auf der gesamten Erdkugel aus. Am 11. März 2020 bezeichnete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Corona-Krise offiziell als eine „Pandemie“ (WHO-Regionalbüro für Europa, 2020). Die wirtschaftliche Produktion und das öffentliche Leben kamen in unzähligen Ländern zum Erliegen. Betriebsgelände, Parklandschaften und Einzelhandelsgeschäfte mussten für eine unbestimmte Zeit von heute auf morgen schließen. Diese Pandemie traf schwerpunktmäßig auch das Bildungssystem, denn alle staatlichen und privaten Bildungsorganisationen, d.h. sowohl Schulen als auch Universitäten, mussten ihre Gebäude schließen. Der reguläre Präsenzunterricht in den Schulen konnte nicht mehr durchgeführt werden. Es stellte die ganze Regierung bzw. das Bildungssystem vor eine riesige Herausforderung. Denn fortan mussten alle Unterrichtsinhalte für jegliche Fächer den Schülerinnen und Schülern digital zugeschickt werden. Somit musste ein komplett neues Konzept des „digitalen Unterrichts“ für einen ganzen Staat entwickelt werden. Zwar wurde schon in den Bildungsstandards für Lehrerbildung, die im Jahr 2004 von der Kultusministerkonferenz veröffentlicht wurden, der Umgang mit jeglicher Art von Medien als inhaltlicher Kompetenzschwerpunkt festgelegt (KMK, 2004), jedoch war dieser noch nie so stark gefordert wie während der „Corona-Pandemie“. Außerdem ist die digitale Ausstattung in vielen Schulen unzureichend vorhanden. Die Deutsche Telekomstiftung führte, bezüglich der Ausstattung und Nutzung von digitalen Medien an deutschen Schulen, mehrfach eine bundesweite Studie durch. Die aktuellste datiert aus dem Jahr 2017. Aus dieser Studie ergab sich, dass immer mehr Lehrerinnen und Lehrer häufiger digitale Medien in ihrem Unterricht anwenden, um den SuS ausgewählte Unterrichtsinhalte besser zu veranschaulichen (Deutsche Telekomstiftung, 2017). Eine weitere interessante Entwicklung ist die, dass in Deutschland immer mehr Schulen individuelle „digitale Medienkonzepte“ entwickeln (DTS, 2017). Damit ist vielen Schulen die enorme Bedeutung der Digitalisierung in der heutigen Gesellschaft bzw. Bildung bewusst. Der Wille und die Motivation bei der Weiterentwicklung der Digitalisierung an deutschen Schulen sind insgesamt sehr hoch, jedoch ist es umso ernüchternder, dass die digitale Ausstattung sich an deutschen Schulen auf keinem zeitgemäßen Stand befindet. In der Zeitspanne zwischen 2015 und 2017 zeigte sich nur ein mühsamer Fortschritt hinsichtlich der IT-Ausstattung (ebd.). Durch den beschlossenen „DigitalPakt Schule“ sollen 5,5 Milliarden Euro in die Förderung der Digitalisierung an deutsche Schulen fließen und demzufolge die Entwicklung schneller vorangetrieben werden. Auf diesen DigitalPakt wird im späteren Verlauf noch genauer eingegangen werden. Zukunftstechnisch soll die Förderung der Digitalisierung durch stärkere finanzielle Unterstützung beschleunigt werden. Jedoch zählt in der aktuellen Corona-Pandemie das Gegenwärtige und diese Situation ist nach der DTS nicht sehr vielversprechend. So geben etwas mehr als die Hälfte der befragten Lehrpersonen eine nicht ausreichend erhaltene technische Unterstützung vom Land an (ebd.). Ein weiteres Ergebnis, welches auch die Lehrpersonen selbst in die Verantwortung nimmt, ist die Tatsache, dass sich nicht mal eine von zehn Lehrkräften innerhalb eines Monats Hilfe bei einem anderen Kollegen holt, um gemeinsam eine digital gestützte Unterrichtseinheit zu planen (ebd.). Durch den föderalistischen Umgang bezüglich der Bildungswege und Lehrplänen herrschen zwischen den einzelnen Bundesländern große Unterschiede bezüglich der Anwendung von digitalen Medien im Unterricht bzw. der allgemeinen digitale Ausstattung an Schulen. So stellen die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern die Spitzengruppe dar, wenn es um eine gute IT-Ausstattung an Schulen bzw. „die Förderung der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schüler“ (ebd., S. 8) geht. In Zahlen ausgedrückt heißt dies, dass 65,5% der befragten Lehrkräfte in den genannten Bundesländern die IT-Ausstattung an ihren Schulen als ausreichend bzw. gut bewertet haben (ebd.). Saarland, Berlin, Sachsen und Schleswig-Holstein bilden die letzten Ränge bei der Analyse von Digitalisierung an deutschen Schulen (ebd.). In diesen Bundesländern weißt sowohl die Häufigkeit der Nutzung digitaler Medien im Unterricht als auch die allgemeine IT-Ausstattung an den Schulen ein enormes Verbesserungspotential auf (ebd.). Auch hier verdeutlichen die Zahlen die Unzufriedenheit über die aktuelle Situation. Nur etwa zwei Fünftel (42,5%) der befragten Lehrpersonen bewerteten die digitale Ausstattung an ihren Schulen als zufriedenstellend (ebd.). In Deutschland insgesamt bewerteten etwas mehr als die Hälfte der befragten Lehrpersonen (55,6%) die Digitalisierungsvoraussetzungen an ihrer Schule als ausreichend. Jedoch stellt die ungleiche Verteilung innerhalb des Staates eine Problematik dar, für welche gezielt Lösungswege geschaffen werden müssen. Durch diese ungleichen Verhältnisse schneiden die deutschen Schulen bei der internationalen Schulleistungsstudie ICLIS (International Computer and Information Literacy Study) im Jahr 2013 auch nur mittelmäßig ab (ebd.). Somit lässt sich erkennen, dass an deutschen Schulen noch viel getan werden muss, um die Digitalisierung insgesamt im deutschen Bildungssystem zu progressiveren. Doch welche Faktoren spielen eine wichtige Rolle, um digitale Medien an einer Schule erfolgreich in den Unterricht zu integrieren? Welche Bedingungen müssen wie gegeben sein? Diese Arbeit soll den genannten Fragen auf den Grund gehen. Wie aus dem vorangegangen erkennbar ist, stellt eine gute Implementierung von digitalen Medien an einer Schule ein großes und kompliziertes Konstrukt dar, bei dem viele Faktoren beachtet werden müssen. Die Motivation der deutschen Lehrkräfte, öfter mit digitalen Medien im Unterricht zu arbeiten, ist zwar sehr hoch, allerdings spiegelt sich dieses Ergebnis nicht in der Häufigkeit der tatsächlichen Nutzung wider. Warum können die Lehrkräfte ihr Interesse bzw. ihre Motivation nicht ausleben? Es kann behauptet werden, dass allein positive Einstellungen der Lehrkräfte gegenüber digitaler Mediennutzung an der Schule nicht ausreichen, um digitale Medien vielversprechend zu implementieren. Folglich müssen mehrere Faktoren eine bedeutende Rolle während dieses Prozess spielen. In dieser Arbeit soll anhand einer exemplarischen Untersuchung an einer einzelnen Schule analysiert werden, welche Faktoren bzw. Bedingungen entwickelt werden müssen, damit ein gutes und funktionierendes Digitalisierungskonzept entsteht. Dazu wird im ersten Schritt die Bedeutung der Digitalisierung in der heutigen Gesellschaft erklärt. Im zweiten Punkt werden allgemeine Rahmenbedingungen an deutschen Schulen analysiert. Es soll aufgezeigt werden, wie bedeutsam die Bildungspolitik für die Förderung der Digitalisierung an Schulen ist. Zudem soll der demographische Wandel genauer erläutert werden. Darüber hinaus soll die Bedeutung von digitalen Medienkompetenzen entschlüsselt werden. Darauffolgend werden die Begriffe „Einstellungen“ und „Innovationsbereitschaft“ auf ihre Komplexität untersucht. Im dritten Schritt wird die Forschungsmethode vorgestellt. Dieser Arbeit liegt eine qualitative Untersuchungsmethode zugrunde. Die exemplarische Schule und die interviewten Lehrpersonen werden repräsentiert. Schlussendlich werden die Auffassungen der einzelnen Personen im Ergebnisteil dargelegt und eine anschließende Diskussion über die Resultate durchgeführt. Abschließend wird ein Fazit gezogen, welches die wichtigsten zu beachtenden Faktoren auflistet, die zu einer gelungenen Implementierung von digitalen Medien an einer Schule führen können. Daraus ergibt sich die, der nachfolgenden Arbeit, zugrunde liegende Forschungsfrage:

„Welche grundlegenden Gelingensbedingungen benötigt eine Schule, um eine funktionierende Implementierung von digitalen Medien in ihrem Unterricht und ihrer Struktur zu gewährleisten?“

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